Verzicht auf Urlaubsabgeltung ist unter bestimmten Umständen möglich

Regeln Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem gerichtlichen Vergleich, dass mit der Erfüllung des Vergleichs sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erledigt sind, so gilt dies auch für Urlaubsabgeltungsansprüche des Mitarbeiters.

§ 7 Absatz 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) bestimmt, dass Urlaub, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann, finanziell abzugelten ist. § 13 Absatz 1 BUrlG regelt weiter, dass von den Bestimmungen des Gesetzes grundsätzlich nicht zuungunsten des Mitarbeiters abgewichen werden kann. Daraus folgt zunächst einmal, dass ein Verzicht des Arbeitnehmers auf die Abgeltung des Urlaubsanspruchs nicht möglich ist. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) gilt dies allerdings nur dann, wenn es um einzelvertragliche Abreden geht. Im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs ist der Verzicht nach Auffassung der Richter indes möglich.

Das Gericht hatte in diesem Zusammenhang über folgenden Fall zu entscheiden: Ein seit Januar 2006 dauerhaft erkrankter Arbeitnehmer erhielt Ende November 2008 von seinem Arbeitgeber die Kündigung zum 30. Juni 2009. Im Kündigungsrechtsstreit schlossen die Parteien einen Vergleich mit folgendem Wortlaut:

„Das Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigung der Beklagten zum 30. Juni 2009 aufgelöst worden. Die Beklagte zahlt an den Kläger eine Abfindung in Höhe von EUR 11 500. Mit Erfüllung des Vergleichs sind wechselseitig alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, gleich ob bekannt oder unbekannt und gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt.”

Noch am Tag des Abschlusses des Vergleichs forderte der ehemalige Mitarbeiter von seinem Arbeitgeber über die Vergleichssumme hinaus Zahlung von EUR 10 656 als Urlaubsabgeltung für die Jahre 2006 bis 2008. Auch diesbezüglich führte er einen Rechtsstreit, weil der Arbeitgeber sich unter Berufung auf den Vergleich weigerte, die Summe zu zahlen. Diesen verlor er aber in letzter Instanz. Das BAG hielt die Klage für unbegründet. Der vor dem Arbeitsgericht geschlossene Vergleich habe auch die Urlaubsabgeltungsansprüche erfasst. Die gesetzliche Regelung der §§ 7 Absatz 4 und 13 Absatz 1 BUrlG hindere nur einzelvertragliche Abreden zum Nachteil des Arbeitnehmers. Soweit der Mitarbeiter theoretisch die Möglichkeit gehabt habe, Urlaubsabgeltung in Anspruch zu nehmen und sehe er davon ab (hier durch gerichtlichen Vergleich), sei der Verzicht wirksam. Auch das Unionsrecht stehe einem solchen Verzicht auf Urlaubsabgeltung nicht entgegen.

(BAG vom 14. Mai 2013 – 9 AZR 844/11), Quelle: http://www.cms-hs.net/

Tipp für die Praxis:

Anfang der 90er-Jahre hatte das BAG gerichtliche und außergerichtliche Vergleiche dieser Art noch für unwirksam gehalten. Durch die neue Rechtsprechung können nun eventuelle umfangreiche Urlaubsabgeltungsansprüche langzeiterkrankter Mitarbeiter wirkungsvoll durch Erledigungsklauseln in gerichtlichen Vergleichen abgewendet werden.