Bezeichnet ein Arbeitgeber die Zahlung eines 13. Monatsgehalts in einem Arbeitsvertrag als „freiwillige Leistung”, so genügt dieser Hinweis für sich genommen nicht, um einen Anspruch auf diese Leistung auszuschließen.
So urteilte im Frühjahr dieses Jahres der 10. Senat des BAG.
Er hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Eine Arbeitnehmerin war seit 1999 bei einem Unternehmen beziehungsweise dessen Rechtsvorgänger beschäftigt. Ihr Arbeitsvertrag enthielt unter anderem folgende Klausel:
„Für die Tätigkeit erhält die Mitarbeiterin während der Probezeit ein Bruttogehalt von monatlich DM 3800 einschließlich der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung. Nach der Probezeit beträgt das Bruttogehalt monatlich DM 4000 einschließlich der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung. […] Die Zahlung eines 13. Gehalts ist eine freiwillige Leistung der Firma, die anteilig als Urlaubs- und Weihnachtsgeld gewährt werden kann.”
Anlässlich eines Betriebsübergangs im Jahr 2005 wurde Folgendes vereinbart:
„Die Bestimmungen des Arbeitsvertrags vom 29.03.1999 zwischen Frau X und der Y GmbH gelten unverändert für das neue Arbeitsverhältnis zwischen Frau X und der Y GmbH & Co. KG fort. Insbesondere wird der soziale Besitzstand gewahrt.”
In den Jahren 1999 bis 2003 hatte die Mitarbeiterin mit der Gehaltsabrechnung für November ein „Weihnachtsgeld” und in den Jahren 2004 bis 2009 eine „freiwillige Leistung” in Höhe eines Novembergehalts erhalten. Zum 31. Dezember 2010 schied sie aus dem Unternehmen aus. In diesem Jahr erhielt sie keine Sonderzahlung. Dagegen klagte sie vor Gericht. Mit Erfolg.
Die Richter stellten sich auf den Standpunkt, ihr Anspruch ergebe sich bereits aus dem Arbeitsvertrag. Auf die Frage, ob eine betriebliche Übung vorliege oder nicht, komme es nicht an.
Die Klausel im Arbeitsvertrag lasse nämlich zunächst den Schluss zu, dass ein unmittelbarer Anspruch auf Zahlung eines 13. Gehalts begründet werde. Für den durchschnittlichen Vertragspartner ergebe sich aus der Klausel auf den ersten Blick lediglich, dass gegebenenfalls über die Aufteilung, nicht aber über das „ob” der Leistung disponiert werden könne. Mit der Bezeichnung der Leistung als „freiwillig” werde nur zum Ausdruck gebracht, dass das Unternehmen weder durch Tarifvertrag, noch durch Betriebsvereinbarung, noch durch Gesetz zu dieser Leistung verpflichtet sei. Zweifel an einer solchen Auslegung der Klausel könnten sich allerdings daraus ergeben, dass im Arbeitsvertrag nur die Zahlung „eines” und nicht „des” 13. Gehalts vereinbart wurde. Daraus ließe sich auch herleiten, dass kein unmittelbarer vertraglicher Anspruch begründet werden solle. Beide Auslegungsergebnisse seien nicht fernliegend. Nach § 305 c Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gingen Zweifel allerdings zulasten des Verwenders. Mithin greife die für das Unternehmen ungünstigere Auslegung der Klausel ein. Infolgedessen sei der Anspruch auf Auszahlung des 13. Monatsgehalts entstanden. (BAG vom 17. April 2013 – 10 AZR 281/12)
Quelle: http://www.cms-hs.net
Hintergrundinformation:
Obwohl die §§ 305 ff. BGB erst im Jahr 2002 in Kraft getreten sind, das Arbeitsverhältnis aber bereits im Jahre 1999 begründet wurde, waren diese Vorschriften nach Ansicht des BAG hier dennoch anwendbar. Zum einen seien sie anlässlich des Betriebsübergangs im Jahre 2005 erneut zwischen den Parteien vereinbart worden. Zum anderen habe die Rechtsprechung die Unklarheitenregelung auch schon vor Inkrafttreten der §§ 305 ff. BGB anerkannt. |