In vielen Arbeitsverträgen finden sich sogenannte „Ausschlussfristen” oder „Verfallfristen”. Die entsprechenden Klauseln sehen vor, dass bestimmte Rechte, die aus dem Arbeitsverhältnis heraus entstanden sind, nach Ablauf einer Frist erlöschen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer verschaffen sich auf diese Weise Sicherheit, dass nicht noch Jahre nach Ende des Arbeitsverhältnisses überraschend Ansprüche geltend gemacht werden.
Allerdings dürfen längst nicht alle Ansprüche ausgeschlossen werden. Soweit durch die Ausschlussfristen gesetzliche Verbote oder Gebote umgangen werden, hält die Rechtsprechung dies für unwirksam.
So auch in einem kürzlich vom BAG entschiedenen Fall: Eine Arbeitnehmerin war im September 2009 für die Dauer eines Jahres als Leiterin einer Tankstelle engagiert worden. Der Arbeitsvertrag enthielt eine Klausel, wonach alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen sollten, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.
Im November 2009 wurde die Mitarbeiterin arbeitsunfähig krank. Anfang Februar 2010 verständigte man sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Mai 2010. Ende März 2010 unterrichtete die Arbeitnehmerin ihren Arbeitgeber darüber, dass sie gegen ihren Vorgesetzten Strafanzeige wegen Beleidigung und sexueller Belästigung gestellt habe. Am 30. August 2010 verklagte sie ihren Arbeitgeber auf Zahlung eines Schmerzensgeldes wegen Mobbings. Sie machte geltend, dass ihr Vorgesetzter sie täglich schikaniert und beleidigt habe.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht wiesen ihre Klage im Hinblick auf die Ausschlussfrist ab. Das BAG ruderte zurück: Mit der von den Vorinstanzen gegebenen Begründung könne die Klage nicht abgewiesen werden. Anders als bei einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist dürften bei einer arbeitsvertraglichen Verfallfrist Fälle der Vorsatzhaftung nicht erfasst werden. Dies ergebe sich aus der eindeutigen Gesetzeslage:
Zum einen regele § 202 Abs. 1 BGB, dass die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden dürfe. Weiter sehe § 276 Abs. 3 BGB vor, dass die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden könne. Zuletzt bestimme § 104 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII, dass der Arbeitgeber bei Arbeitsunfällen und Berufsunfähigkeit ausschließlich bei Vorsatz hafte.
Die Richter verwiesen den Fall daher an das LAG Köln zurück, um festzustellen, ob eine vorsätzliche Mobbinghandlung vorgelegen habe, die einen Schmerzensgeldanspruch rechtfertige. (BAG vom 20. Juni 2013 – 8 AZR 280/12)
Quelle: http://www.cms-hs.net