In einer Entscheidung aus dem Monat November 2012 hat das BAG unmissverständlich klargestellt, dass das Outsourcing von Tätigkeiten durch ein Unternehmen sogar eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen kann. Der Arbeitgeber ist nach Ansicht der Richter an einer solchen Maßnahme selbst dann nicht gehindert, wenn dadurch zahlreiche ordentlich unkündbare Mitarbeiter nicht mehr beschäftigt werden können.
Zu entscheiden war der Fall eines Unternehmens, das zahlreiche Servicetechniker beschäftigte. 45% dieser Mitarbeiter waren tariflich nicht mehr ordentlich kündbar. Im Jahr 2008 beschloss das Unternehmen, die Aufgaben der Servicetechniker an ein Drittunternehmen zu vergeben. Dadurch fielen sämtliche Stellen dieser Art weg. Das Unternehmen vereinbarte mit zwei konzernverbundenen Unternehmen und dem Konzernbetriebsrat einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Sodann kündigte es die Arbeitsverhältnisse sämtlicher Servicetechniker. Die unkündbaren Mitarbeiter erhielten eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung unter Einhaltung einer Auslauffrist. Die Klage von einem dieser unkündbaren Mitarbeiter hatte in den ersten beiden Instanzen Erfolg. Das BAG jedoch hob das Urteil der Vorinstanz auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das LAG Rheinland-Pfalz zurück. Folgende Grundsätze stellte es dabei auf:
Der für eine außerordentliche Kündigung erforderliche wichtige Grund (§ 626 Abs. 1 BGB) könne sich auch aus dem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit aufgrund innerbetrieblicher Maßnahmen ergeben. Die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung sei gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit, sondern nur daraufhin zu überprüfen, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sei. Dies gelte auch in den Fällen, in denen ein unkündbarer Mitarbeiter von der fraglichen Maßnahme betroffen sei. Die Gestaltung des Betriebs, die Frage, ob und in welcher Weise sich der Arbeitgeber wirtschaftlich betätigen will, sei Bestandteil seiner vom Grundgesetz geschützten unternehmerischen Freiheit. Zu dieser gehöre auch das Recht, das Unternehmen aufzugeben, darüber zu entscheiden, welche Größenordnung es haben soll und festzulegen, ob bestimmte Arbeiten weiter im eigenen Betrieb ausgeführt oder an Drittunternehmen vergeben werden sollen. Der Arbeitgeber müsse deshalb regelmäßig auch dann nicht von einer Fremdvergabe von Tätigkeiten absehen, wenn dadurch einem ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitsverhältnis die Grundlage entzogen werde. Dies gelte selbst dann, wenn von der unternehmerischen Maßnahme ein hoher Prozentsatz ordentlich unkündbarer Arbeitnehmer betroffen sei. Auch in diesem Falle sei nicht schon die unternehmerische Maßnahme als solche (tariflich) ausgeschlossen.
Das BAG verwies den Rechtsstreit an das LAG mit der Auflage zurück zu prüfen, ob dem Unternehmen die Weiterbeschäftigung des klagenden Mitarbeiters nach der Umsetzung seiner Organisationsentscheidung noch möglich und zumutbar sei. Dabei müsse das LAG Arbeitsplätze in Betracht ziehen, die bei den beiden mit dem Arbeitgeber konzernverbundenen Unternehmen bestehen, da diese an dem abgeschlossenen Interessenausgleich beteiligt gewesen seien. (BAG vom 22. November 2012 – 2 AZR 673/11), Quelle: http://www.cms-hs.net
Praxishinweis:
Ob der Kündigende tatsächlich Vertretungsmacht hat, ist für das Zurückweisungsrecht des Arbeitnehmers unbeachtlich. Ist der Kündigung keine Vollmachtsurkunde im Original beigefügt, sollte sie daher von einem einzelvertretungsberechtigten Prokuristen oder dem Personalleiter erklärt werden, um „zurückweisungsfest“ zu sein. Übt der Bevollmächtigte mehrere Funktionen in dem Unternehmen des Arbeitgebers aus, muss die im Kündigungsschreiben angegebene Stellung seine Kündigungsbefugnis für den Arbeitnehmer eindeutig erkennen lassen. |