Bei personellen Einzelmaßnahmen wie Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Es stellt sich jedoch die Frage, was geschieht, wenn über personelle Fragen zu entscheiden ist, die ein Betriebsratsmitglied selbst betreffen. Darf das betroffene Betriebsratsmitglied dann an der Beratung und Beschlussfassung des Betriebsrats teilnehmen oder ist ein Ersatzmitglied zu laden?
Ausgangspunkt zur Beantwortung dieser Frage ist § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG. Nach dieser Regelung gilt die Zustimmung des Betriebsrats zu einer personellen Einzelmaßnahme als erteilt, wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Zustimmungsverweigerung nicht frist- und ordnungsgemäß mitteilt. Wird etwa für ein zeitweilig verhindertes Betriebsratsmitglied ein vorhandenes Ersatzmitglied nicht geladen, ist der Betriebsrat an einer wirksamen Beschlussfassung gehindert. Ein Betriebsratsmitglied muss dabei nicht zwangsläufig aus tatsächlichen Gründen an der Wahrnehmung seines Amtes gehindert sein – auch rechtliche Gründe kommen in Betracht. So kann nach der Rechtsprechung des BAG ein Betriebsratsmitglied grundsätzlich von seiner Organtätigkeit bei Maßnahmen und Regelungen ausgeschlossen sein, die es individuell und unmittelbar betreffen. Als Repräsentanten der Belegschaft sind die Betriebsratsmitglieder allerdings häufig von Betriebsratsentscheidungen mehr oder weniger auch selbst betroffen. Von ihnen wird daher grundsätzlich erwartet, dass sie sich als Amtsinhaber bei diesen Entscheidungen nicht von persönlichen Interessen leiten lassen. Sie dürfen daher von der Ausübung ihres Amtes nur ausgeschlossen werden, wenn typischerweise davon ausgegangen werden muss, dass sie ihr Amt wegen ihrer persönlichen Interessen nicht mehr mit der erforderlichen Unabhängigkeit wahrnehmen können. Hiervon ist in Fällen der individuellen und unmittelbaren Betroffenheit des Betriebsratsmitglieds auszugehen. Jedoch liegt laut BAG eine individuelle Betroffenheit nicht vor, wenn das Betriebsratsmitglied nur als Angehöriger eines aus mehreren Personen bestehenden Teils der Belegschaft involviert ist. An einer unmittelbaren Betroffenheit fehlt es, wenn mit der Maßnahme oder Regelung nur mittelbare Auswirkungen, Reflexe oder die Steigerung oder Verringerung tatsächlicher Chancen und Aussichten verbunden sind.
Diese Grundsätze wendeten die Richter des 7. Senats unlängst auf folgenden Fall an: Auf eine interne Stellenausschreibung in einem Unternehmen hatten sich insgesamt vier Mitarbeiter beworben. Einer dieser Bewerber war zugleich Mitglied des Betriebsrats. Nachdem sich das Unternehmen für einen Kandidaten (das Betriebsratsmitglied wurde nicht ausgewählt) entschieden hatte, beantragte es die Zustimmung des Betriebsrats zu dessen Versetzung. Der Betriebsrat widersprach der geplanten Versetzung jedoch. An der Beratung und Beschlussfassung hatte auch das Betriebsratsmitglied teilgenommen, welches sich auf die ausgeschriebene Stelle beworben hatte. Das Unternehmen stellte sich daher auf den Standpunkt, der Beschluss sei unwirksam, weil das Betriebsratsmitglied wegen eigener Betroffenheit nicht hätte teilnehmen dürfen. Die Zustimmung zur Versetzung gelte damit als erteilt.
Die Erfurter Richter sahen dies jedoch anders: Der Betriebsrat habe vorliegend seine Zustimmung wirksam verweigert. Bei einer personellen Einzelmaßnahme sei von einer unmittelbaren und individuellen Betroffenheit des Betriebsratsmitglieds regelmäßig nur dann auszugehen, wenn das Betriebsratsmitglied gerade die Person sei, auf die sich das Zustimmungsersuchen des Arbeitgebers unmittelbar richte. Der Umstand, dass das Betriebsratsmitglied zu einer Gruppe von Mitbewerbern gehöre, aus welcher der Arbeitgeber eine andere Person ausgewählt habe, genüge dagegen in der Regel nicht, um das Mitglied von seiner Amtsausübung auszuschließen. (BAG vom 24. April 2013 – 7 ABR 82/11)
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