Bei grob fahrlässigem Verhalten haftet ein Arbeitnehmer grundsätzlich für den gesamten entstandenen Schaden. Im Einzelfall können jedoch Haftungserleichterungen in Betracht kommen. Ob eine Entlastung des Arbeitnehmers in Betracht zu ziehen ist und wie weit sie geht, entscheidet das Arbeitsgericht aufgrund einer Abwägung nach Feststellung aller hierfür maßgeblichen Umstände. Das geringe Einkommen eines Mitarbeiters kann ein Grund für eine Haftungserleichterung sein. Es gibt aber keine starre Haftungsobergrenze von drei Bruttomonatsvergütungen.
In diesem Zusammenhang hatte das BAG über folgenden Fall zu entscheiden:
Der Lkw-Fahrer eines Speditionsunternehmens hatte unter Alkoholeinfluss (mindestens 0,94 Promille) mit einem Lkw seines Arbeitgebers bei trockener Witterung, gerader Straße und ohne sonstige äußere Einflüsse einen Unfall verursacht. Es entstand ein Schaden in Höhe von EUR 17 522. Die Spedition hatte weder eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen noch besaß sie einen Schutzbrief für eine eventuelle Bergung.
Die Vorinstanz, das LAG München, hatte den Fahrer zu einer Zahlung von EUR 8179 nebst Zinsen verurteilt. Das Gericht ging davon aus, dass der Fahrer grob fahrlässig gehandelt habe und dass die Haftung in solchen Fällen grundsätzlich auf drei Bruttomonatsvergütungen zu beschränken sei.
Dieser pauschalen Haftungsbegrenzung widersprach das BAG. Zwar sei bei derartigen Sachverhalten eine Einzelfallabwägung vorzunehmen, inwieweit Haftungserleichterungen greifen könnten. Dabei könne es eine Rolle spielen, wenn der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum verwirklichten Schadensrisiko der Tätigkeit stehe. Es dürfe aber keine pauschale Haftungsbegrenzung auf drei Monatsgehälter angenommen werden. Eine solche starre Höchstgrenze dürfe nur der Gesetzgeber festlegen. Eine feste summenmäßige Begrenzung durch die Gerichte wäre ein unzulässiger Akt richterlicher Rechtsfortbildung. Eine generelle Haftungsobergrenze berücksichtige auch nicht hinreichend, dass eine Haftungsbegrenzung – auch im Falle von grober Fahrlässigkeit – den Zweck habe, den Mitarbeiter vor existenzbedrohenden Schäden zu schützen. Solange er aber in der Lage sei, den Schaden von seinem Lohn vollumfänglich zu begleichen, sei eine Haftungseinschränkung nicht geboten.
Mit diesen grundlegenden Ausführungen verwies das BAG den Fall zur erneuten Verhandlung an das LAG München zurück.
(BAG vom 15. November 2012 – 8 AZR 705/11), Quelle: http://www.cms-hs.net