In einer Entscheidung aus dem Winter dieses Jahres hat sich das Bundesarbeitsgericht der konkreten Ausgestaltung von arbeitsvertraglichen Regelungen zu Weihnachtsgratifikationen gewidmet. Es hat entschieden, dass eine arbeitsvertragliche Klausel, nach der sich der Arbeitgeber im Wege eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts vorbehält, die jeweilige Höhe des jährlichen Weihnachtsgeldes zu bestimmen, wirksam ist. Dies gilt nach Auffassung der Richter insbesondere dann, wenn die jährliche Zuwendung keinen Entgeltcharakter hat. Eine solche Klausel hält der AGB-Kontrolle stand.
Zu entscheiden war der Fall eines Arbeitnehmers, in dessen Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2005 unter der Überschrift „Vergütung” bestimmt war, dass „er Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation in einer vom Arbeitgeber jeweils pro Jahr festgelegten Höhe” habe. Diese Gratifikation sollte jeweils mit dem Novembergehalt ausgezahlt werden. Weiter war geregelt, dass sie bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers vor dem 31. März des Folgejahres zurückzuzahlen sei. In den Jahren 2001 bis 2010 erhielt der Mitarbeiter Weihnachtsgratifikationen in unterschiedlicher Höhe. Für die Jahre 2007 bis 2010 klagte er vor Gericht die Zahlung „restlicher Weihnachtsgratifikation” ein. Er berief sich darauf, dass die arbeitsvertragliche Regelung unwirksam sei. Infolgedessen sei Weihnachtsgeld in Anlehnung an die tariflichen Vorschriften der Metallbranche zu zahlen.
Die Richter werteten die Regelung zunächst nicht als Freiwilligkeitsvorbehalt, sondern als Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation, in einer im billigen Ermessen (siehe dazu § 315 Absatz 1 BGB) des Arbeitgebers liegenden Höhe.
Die AGB-Prüfung der arbeitsvertraglichen Klausel durch das BAG ergab sodann Folgendes:
- Die beschriebene Regelung enthält keinen unzulässigen Änderungsvorbehalt im Sinne des § 308 Nr. 4 BGB. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte fallen nicht unter diese Vorschrift, wenn sie sich darauf beschränken, dem Verwender die erstmalige Festlegung seiner Leistung – so wie im zu entscheidenden Fall – zu ermöglichen.
- Es liegt auch kein Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB vor. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Bestimmung nicht klar und verständlich wäre. Der mögliche Anspruch des Mitarbeiters ist hier jedoch durch den Arbeitsvertrag ausreichend beschrieben. Der Arbeitnehmer konnte erkennen, dass sein Arbeitgeber über die Festsetzung der Höhe der Gratifikation zu entscheiden hat und dass die Entscheidung eine Abwägung der maßgeblichen Interessen beider Seiten erfordert.
- Die vertragliche Regelung ist auch nicht unangemessen (§ 307 Absatz 1 Satz 1 BGB). Das Gesetz lässt selbst einseitige Leistungsbestimmungsrechte zu (§ 315 BGB).
Abschließend wiesen die Richter darauf hin, dass der Arbeitnehmer die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts durch den Arbeitgeber vom Gericht überprüfen lassen könne. Zudem könne bei unterlassener oder verzögerter Leistungsbestimmung eine Festsetzung durch das Gericht nach § 315 Abs. 3 BGB vorgenommen werden. Der Mitarbeiter sei also nicht schutzlos gestellt.
(BAG vom 16. Januar 2013 – 10 AZR 26/12)
Tipp für die Praxis:
Klauselgestaltungen wie in diesem Fall sind in der Praxis eher selten anzutreffen, da so ein grundsätzlicher Anspruch des Arbeitnehmers auf Auszahlung der Gratifikation geschaffen wird. Das Unternehmen muss im Zweifel in jedem einzelnen Fall begründen, warum die konkret gewährte Weihnachtsgratifikation billigem Ermessen entspricht. Da die Rechtsprechung zu Freiwilligkeits- und Widerrufsbehalten äußerst unklar und verwirrend ist, könnte eine solche Vertragsgestaltung aber dennoch eine Alternative sein. |