Da der allgemeine Kündigungsschutz des § 1 Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) erst eingreift, wenn das Arbeitsverhältnis bereits sechs Monate besteht (sogenannte „Wartezeit“), kann ein Mitarbeiter während dieses Zeitraums gekündigt werden, ohne dass es eines personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Kündigungsgrundes bedarf. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Probezeit vereinbart wurde oder nicht. Allerdings ist nach ständiger Rechtsprechung der Betriebsrat auch in der Wartezeit beziehungsweise in der Probezeit vor einer beabsichtigten Kündigung zu beteiligen. Der Arbeitgeber darf die Kündigung dabei aber auf ein reines Werturteil stützen und muss dieses nicht substantiieren oder begründen.
Das BAG entschied über folgenden Sachverhalt: Eine Mitarbeiterin war seit dem 1. Juli 2010 bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt. Der Arbeitsvertrag sah eine sechsmonatige Probezeit vor. Am 14. Dezember 2010 hörte das Unternehmen den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung an. Es teilte diesem die Sozialdaten der Arbeitnehmerin mit, ihr Eintrittsdatum sowie den Beschäftigungsort. Darüber hinaus ließ es wissen, dass es beabsichtige, das Arbeitsverhältnis vor Ablauf des 31. Dezembers 2010 ordentlich unter Einhaltung der Kündigungsfrist von 14 Tagen zu kündigen. In dem Anhörungsschreiben hieß es weiter:
„Auf das Arbeitsverhältnis findet das KSchG noch keine Anwendung, es wurde zudem eine sechsmonatige Probezeit vereinbart. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist nicht in unserem Interesse.“
Der Betriebsrat widersprach der Kündigung. Er monierte, ihm sei kein Kündigungsgrund genannt worden. Der Arbeitgeber kündigte dennoch. Vor Gericht wurde anschließend darum gestritten, ob der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden war. Das BAG bejaht dies.
Die Richter argumentierten, dass dem subjektiven Werturteil des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis nicht weiter fortsetzen zu wollen, zwar meistens Tatsachen zugrunde lägen, die nach Zeit, Ort und Umständen konkretisiert werden könnten. Doch müsse der Arbeitgeber den Betriebsrat über diese Tatsachen, also die tatsächlichen Hintergründe für sein subjektives Werturteil, in der Anhörung zu einer Kündigung in der Wartezeit nicht informieren.
Für eine ordnungsgemäße Anhörung genüge es, wenn der Arbeitgeber allein das Werturteil als das Ergebnis seines Entscheidungsprozesses mitteile. Denn dieses selbst und nicht etwa die Tatsachen, auf denen es beruhe, sei bei einer Kündigung in der Wartezeit ein rechtlich ausreichender „Grund“ für diese.
Der Arbeitgeber müsse nur dann genaue Fakten benennen, wenn er die Kündigung in der Wartezeit nicht auf ein personenbezogenes subjektives Werturteil stütze, sondern auf konkrete Tatsachen, also besondere Vorkommnisse während der Probezeit. Im zu entscheidenden Fall habe es jedoch keine derartigen Vorfälle gegeben. (BAG vom 12. September 2013 – 6 AZR 121/12)