Ist die ordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers aufgrund einer tariflichen Regelung ausgeschlossen, so kommt bei einem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für diesen Mitarbeiter unter bestimmten Umständen jedoch eine betriebsbedingte außerordentliche Kündigung in Betracht. Die Voraussetzungen dafür hat das BAG in der nachfolgenden Entscheidung nochmals klar definiert.
Eine seit 1984 in einem Unternehmen beschäftigte Reinigungskraft war nach den für sie einschlägigen tariflichen Vorschriften aufgrund ihres Alters und ihrer Beschäftigungszeit ordentlich nicht mehr kündbar. Im Jahr 2010 gliederte das Unternehmen den Betriebsteil „Reinigungsdienste“ aus. Die Mitarbeiterin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses. Diverse Verhandlungen über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses beim übernehmenden Unternehmen blieben erfolglos. Schließlich kündigte ihr Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis am 16. März 2011 außerordentlich mit einer Frist bis zum 30. September 2011, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Die Reinigungskraft wehrte sich dagegen vor Gericht.
Die Richter des BAG stellten Folgendes klar: Wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen sei und dies dazu führe, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für Jahre vergüten müsse, ohne dafür eine entsprechende Arbeitsleistung zu erhalten, komme eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist in Betracht. Voraussetzung sei allerdings, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in keiner Weise mehr einsetzen könne. Bestehe irgendein Weg, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzusetzen, komme eine derartige Kündigung nicht in Betracht. Der Arbeitgeber müsse dabei jedoch keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit schaffen. Es komme allein darauf an, ob eine andere Einsatzmöglichkeit tatsächlich besteht. Darin liege keine Umgehung des vereinbarten Schutzes vor einer ordentlichen Kündigung. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dürfe durch eine (tarif-)vertragliche Vereinbarung nicht beschränkt werden. Ein Ausschluss der ordentlichen Kündigung begründe keinen absoluten Schutz vor einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betrieblichem Anlass, sofern die Voraussetzungen vorlägen, die an einen wichtigen Grund zu stellen seien. Die der betrieblich-organisatorischen Maßnahme zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung dürfe im Übrigen von den Gerichten nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin geprüft werden. Die Richter dürften lediglich untersuchen, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sei. Dies sei im vorliegenden Sachverhalt jedoch nicht der Fall.
Im Ergebnis hat der 2. Senat die Entscheidung allerdings nochmals an die Vorinstanz zurückverwiesen mit der Auflage zu klären, inwieweit die Weiterbeschäftigung der Reinigungskraft dem Unternehmen trotz Umsetzung der Organisationsentscheidung weiterhin möglich und zumutbar gewesen wäre.
(BAG vom 20. Juni 2013 – 2 AZR 379/12), Quelle: http://www.cms-hs.net