Bislang gibt es keine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage, ob Zeiten der Betriebsratstätigkeit als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) zu werten sind oder nicht. Das LAG Niedersachsen hat sich unlängst genauer mit dieser Frage beschäftigt und eine Kompromisslösung erarbeitet.
Die beteiligten Betriebspartner stritten darüber, inwieweit Betriebsratsmitglieder verpflichtet sind, nach einer Betriebsratssitzung am selben Tag zusätzlich im Rahmen der durch den Dienstplan festgelegten Arbeitszeit tätig zu werden. Das Unternehmen arbeitete im Schichtbetrieb in einem Zeitrahmen von 7.00 bis 20.15 Uhr. Der Betriebsrat tagte in der Regel donnerstags zwischen 8.00 und 15.00 Uhr. Uneinigkeit herrschte darüber, ob Mitglieder des Betriebsrats, die für die Spätschicht eingeteilt wurden, nach Beendigung der Betriebsratssitzung noch zur Arbeit antreten müssen. Der Betriebsrat argumentierte, dass Betriebsratstätigkeit Arbeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes sei und ein Schichteinsatz im Hinblick auf den Arbeitsschutz die Zeiten der Betriebsratstätigkeit berücksichtigen müsse.
Die Richter des LAG sahen dies jedoch etwas anders. Das Amt des Betriebsrats sei ein Ehrenamt. Die dafür aufgewendete Zeit sei keine Arbeitszeit im Sinne des ArbZG. Dies könne schon deshalb nicht der Fall sein, weil der Arbeitgeber allein die Verantwortung zur Durchführung dieses Gesetzes gegenüber den Aufsichtsbehörden trage. Bei dem Versuch, die Vorgaben des ArbZG gegenüber dem Betriebsrat umzusetzen, könne es zu Konflikten kommen, die unter Umständen die autonome Arbeitsorganisation des Betriebsrats beeinträchtigen. Daher sei wie folgt vorzugehen: Nehme ein Betriebsratsmitglied an einer außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit stattfindenden Betriebsratssitzung teil und sei es ihm deswegen unmöglich oder unzumutbar, seine vor oder nach der Betriebsratssitzung liegende Arbeitszeit einzuhalten, so habe es nach § 37 Abs. 2 BetrVG einen Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung. Eine Unzumutbarkeit liege in der Regel dann vor, wenn bei Zusammenrechnung der für die Betriebsratsarbeit aufgewendeten Zeiten mit den persönlichen Arbeitszeiten die werktägliche Höchstarbeitszeit nach dem ArbZG überschritten werde. Dabei dürften Betriebsratstätigkeit und normale Arbeitszeit aber nicht einfach zusammengerechnet werden. Vielmehr sei der Einzelfall zu berücksichtigen. Unter Umständen dürften die Grenzen des ArbZG auch geringfügig überschritten werden. Denkbar sei dies etwa, wenn eine Betriebsratssitzung beispielsweise durch zahlreiche Pausen unterbrochen werde oder es beim Arbeitgeber personelle Engpässe gebe. (LAG Niedersachsen vom 20. April 2015 – 12 TaBV 76 / 14)
Quelle: www.cms-hs.net