Im Januar dieses Jahres musste sich das BAG mit der Frage der Erforderlichkeit einer Betriebsratsschulung zum Thema Mobbing auseinandersetzen.
Antragsteller war der Betriebsrat eines mittelständischen Unternehmens, in dem auch eine Sozialberatung existiert. Der Betriebsratsvorsitzende hatte im Jahr 2004 ein viertägiges Seminar zum Thema „So erkennen und verstehen Sie als Betriebsrat Mobbing (Diskriminierung) am Arbeitsplatz“ besucht. Im November 2011 fasste der Betriebsrat den Beschluss, den stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden zu einer entsprechenden Veranstaltung beim gleichen Veranstalter wie im Jahr 2004 zu entsenden. Das Seminar beschäftigte sich mit Fragen des Begriffs, der Ursachen, des Verlaufs und mit rechtlichen Aspekten des Mobbings sowie mit Handlungsmöglichkeiten für den Betriebsrat und für betroffene Arbeitnehmer. Trotz Weigerung der Arbeitgeberin, die Kosten zu übernehmen, besuchte der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende die Veranstaltung. Im Nachgang zum Seminar unterbreitete der Betriebsrat der Arbeitgeberin im August 2012 den Entwurf einer Mobbing-Präventionsvereinbarung. Der Seminarveranstalter stellte für Seminargebühren, Übernachtung und Verpflegung rund EUR 1.670 in Rechnung. Der Betriebsrat verlangte von der Arbeitgeberin die Freistellung von den entstandenen Kosten. Nach seiner Auffassung war die Teilnahme an der Schulung erforderlich, weil es in der Vergangenheit Konfliktfälle im Unternehmen gegeben habe, die Anlass geboten hätten, sich mit dem Thema Mobbing vertieft auseinanderzusetzen. Anlass sei unter anderem der Fall eines Mitarbeiters gewesen, eines „ausgeheilten“ Alkoholikers. Als dieser im Juni 2010 nach krankheitsbedingter Abwesenheit wieder zur Arbeit erschienen sei, habe ein Kollege ihn wiederholt angerempelt, abschätzig behandelt und geäußert: „Wir kennen ja dein Problemchen.“ Gegenüber anderen Beschäftigten habe er diesen verunglimpft. Die Existenz der Sozialberatung mache eigene Kenntnisse des Betriebsrats zum Thema Mobbing nicht überflüssig.
Im Ergebnis bejahten die Richter die Kostentragungspflicht des Unternehmens. Detailliert gingen sie auf die Voraussetzungen ein, unter denen eine Betriebsratsschulung, insbesondere zum Thema Mobbing, vom Arbeitgeber zu erstatten ist:
1. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber die Kosten zu tragen, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG entstanden sind, sofern die vermittelten Kenntnisse unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse in Betrieb und Betriebsrat erforderlich sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben sach- und fachgerecht erfüllen kann.
2. Bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme steht dem Betriebsrat ein Beurteilungsspielraum zu. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat die betriebliche Situation und die mit dem Besuch der Schulungsveranstaltung verbundenen finanziellen Belastungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Er muss nicht die kostengünstigste Schulungsveranstaltung auswählen, wenn er eine andere Schulung für qualitativ besser hält. Nur wenn mehrere gleichzeitig angebotene Veranstaltungen auch nach Ansicht des Betriebsrats im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums als qualitativ gleichwertig anzusehen sind, kann eine Beschränkung der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers auf die Kosten der preiswerteren in Betracht kommen.
3. Die Schulung des entsandten Betriebsratsmitglieds ist nicht notwendig, wenn die Kenntnisse im Betriebsrat bereits vorhanden sind. Besitzt ein Mitglied bereits die erforderlichen Kenntnisse, kann die sinnvolle Organisation der Betriebsratsarbeit es gebieten, auch andere Mitglieder mit der Aufgabenwahrnehmung zu betrauen. Es hängt dabei maßgeblich von der Größe und personellen Zusammensetzung sowie von der Geschäftsverteilung des Betriebsrats ab, ob und inwieweit eines oder mehrere Mitglieder über Spezialkenntnisse verfügen müssen.
4. Der Betriebsrat darf eine Schulung zum Thema Mobbing für erforderlich halten, wenn im Betrieb Konfliktlagen bestehen, aus denen sich Mobbing entwickeln kann. Rein vergangenheitsbezogene abgeschlossene Sachverhalte genügen dazu ebenso wenig wie die rein theoretische Möglichkeit, dass diese Frage einmal im Betrieb auftreten könnte. Ein konkreter betriebsbezogener Anlass kann auch gegeben sein, wenn der Betriebsrat aufgrund ihm bekannt gewordener Konflikte in Erwägung zieht, dem Arbeitgeber den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Mobbingprävention vorzuschlagen, um der Entstehung von Mobbing entgegenzuwirken. (BAG vom 14. Januar 2015 – 7 ABR 95 / 12)
Quelle: www.cms-hs.net