Das heimliche Aufzeichnen eines Personalgesprächs mit dem Vorgesetzten kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Ein entsprechender Mitschnitt mit einem Smartphone verletzt das Persönlichkeitsrecht der Gesprächsteilnehmer, entschied das Hessische LAG.
Der Fall: Ein Mitarbeiter bezeichnete in einer E-Mail an Vorgesetzte einen Teil seiner Kollegen wörtlich als „Low-Performer-Burnout und faule Mistkäfer“ und erhielt dafür eine Abmahnung. Einige Monate später wiederholte sich der Vorfall in ähnlicher Weise: Mit den Worten „faule Schweine“ und „Low-Performer“ soll der Mitarbeiter Kollegen beleidigt und eine Kollegin verbal bedroht haben. Daher wurde er zu einem Personalgespräch mit Vorgesetzten und dem Betriebsrat geladen. Dieses zeichnete der Arbeitnehmer mit seinem Smartphone auf – heimlich, ohne Hinweise an seine Gegenüber. Erst einige Monate später erhielt der Arbeitgeber hiervon Kenntnis und kündigte dem Mitarbeiter fristlos, hilfsweise fristgerecht. Im Kündigungsrechtsstreit betonte der Arbeitnehmer, er habe nicht gewusst, dass Tonaufnahmen verboten seien. Zudem habe sein Mobiltelefon während des gesamten Gesprächs offen auf dem Tisch gelegen. Hiermit hatte er keinen Erfolg – das Arbeitsgericht wies die Klage ab, das Landesarbeitsgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung.
Die Richter argumentierten wie folgt: Das heimliche Mitschneiden verletze das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gesprächsteilnehmer nach Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Dies gewährleiste auch das Recht auf Wahrung der Unbefangenheit des gesprochenen Wortes, nämlich selbst zu bestimmen, ob Erklärungen nur den Gesprächspartnern, einem bestimmten Kreis oder der Öffentlichkeit zugänglich sein sollen. Nach Ansicht der Richter hätte der Arbeitnehmer darauf hinweisen müssen, dass die Aufnahme-Funktion seines Mobiltelefons aktiviert gewesen sei. Die Heimlichkeit sei nicht zu rechtfertigen. Dass der Mitarbeiter die Tonaufnahme zwischenzeitlich gelöscht und sich entschuldigt hatte, half ihm ebenso wenig weiter wie seine lange Betriebszugehörigkeit von 25 Jahren. Diese wurde im Rahmen der bei jeder fristlosen Kündigung vorzunehmenden Interessenabwägung zwar gewürdigt. Eine positive Prognose für das Arbeitsverhältnis konnten die Richter jedoch nicht geben, da das Arbeitsverhältnis bereits vor dem heimlichen Mitschnitt durch das Beleidigen von Kollegen beeinträchtigt war (Hessisches LAG, Urteil vom 23. August 2017 – 6 Sa 137/17).
Tipp für die Praxis: | ||
Die Entscheidung zeigt wieder einmal, dass der Prüfungsschwerpunkt bei fristlosen Kündigungen die Gesamtwürdigung des Interesses des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand ist. Regelmäßig sind das Gewicht und die Auswirkungen der in Rede stehenden Pflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf zu berücksichtigen. Ohne die vorangegangenen Beleidigungen wäre o. g. Fall – insbesondere unter Berücksichtigung der langen Betriebszugehörigkeit – möglicherweise anders entschieden worden.
Erst kürzlich urteilten die Richter des LAG Rheinland-Pfalz, dass jedenfalls durch eine beanstandungsfreie Tätigkeit von 49 Jahren ein erhebliches Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers begründet wird. Im konkreten Fall war ein Mitarbeiter, der bereits seit seinem 14. Lebensjahr bei einem Unternehmen beschäftigt war, aufgrund des Verdachts der vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit fristlos gekündigt worden – zu Unrecht, befanden die Richter (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. Juli 2017 – 5 Sa 49/17). |
Quelle: https://www.cms-hs.net